Eingewöhnung Akt I
Puh, eineinhalb Wochen sind schon vorbei und die erste Eingwöhnungsphase somit abgeschlossen – erfolgreich!:)
In der Tat muss ich mich grade ganz schön anstrengen mir alles Erzählenswerte nochmal ins Gedächtnis zu rufen, deshalb fang ich mal damit an, was ich am besten finde: meine Tongxuemen (=Mitstudenten)!! Es ist erstaunlich wie schnell man den Großteil von all den anderen Auslandsstudenten kennen lernt und die kommen noch dazu aus aller Herren Länder, logisch. Das heißt innerhalb kürzester Zeit muss man sich ne ganze Menge neuer und die abgefahrensten Namen merken, mein Favorit bisher: Przemek. Przemek kommt aus Polen und den Namen spricht man in etwa so aus: Bschamägg. Przemek ist eigentlich ne absolut coole Nummer, der Name bereitet beim ersten Kennenlernen allerdings leichte Schwierigkeiten (Zitat Przemek: „I would have never thought that my name was such a big problem, I´ll tell my parents.“) Bei all den osteuropäischen Namen, für die man anscheinend nur wahllos Konsonanten aneinander reihen muss, und den chinesischen Namen, die auch als hart zu erlernende Vokabeln aus unseren Lehrbüchern durchgehen könnten, ist man ganz froh wenn dann mal sowas nettes, weil gewöhnliches ( nichts für ungut!), wie David, Helen oder Kevin dabei ist.
Ansonsten macht es einfach nur Spaß mit all den Leuten Zeit zu verbringen, wir gehen praktisch täglich ein bis drei mal zusammen essen. Obwohl das Essen in den Kantinen durchaus ganz lecker ist gehen wir meist außerhalb des Kampus essen. Eine wunderschöne Sache, die sich der Westen ruhig mal von China abschauen könnte sind große runde Tische, all die verschiedenen Gerichte in der Mitte des Tisches und jeder nimmt von allem, was er mag, so ist es in China üblich. Die Tischgespräche sind klasse, in meinem Fall kommen praktisch alle Sprachen (so viele sinds ja leider noch nicht), die ich halbwegs kann zum Einsatz, im Moment hauptsächlich Englisch.
Das Essen, wie sollte es anders sein, schmeckt meist hervorragend! Dank der guten und gerne auch mal schärferen Küche zu Hause in Bayern (lieber Papa, im Grunde hast du mich auch in dem Punkt 22 Jahre lang bestens auf China vorbereitet!) kann ich bisher alles gut und gerne essen, denn ne gesunde Schärfe scheint zu fast jedem Gericht zu gehören, nicht wahr, Robert?! ;) Wir haben inzwischen schon ne eigene Schärfeskala entwickelt, für die, die´s nicht unbedingt scharf mögen, wird dann erst mal vorgekostet!
Das erste Wochenende verbrachten wir hauptsächlich mit Einkäufen und sonstigen Erledigungen. Da in den letzten Monaten der Sport arg zu kurz kam bin ich also Samstag erstmal losgezogen und hab mir Laufschuhe meines bevorzugten Sportartikelherstellers geholt, Adidas (hier auch schon gesehen als „Odidos“, ob das wohl einfach nur ein Druckfehler war...?! „Amporio Ermoni“ wird hier übrigens auch gerne getragen.). Wer schonmal einigermaßen gute Laufschuhe in Deutschland gekauft hat, hat dafür wohl min. 130€ oder mehr gezahlt. Hier kosten die (original!) Adidas Laufschuhe ganze 32€, nur um das Preisniveau Chinas nochmal deutlich zu machen....
Zurück im Wohnheim gings dann also endlich mal wieder ab auf den Sportplatz, zu diesem Zwecke natürlich auf die Laufbahn, auf der sich dann abends um 20:00 Uhr Chinesen jeden Alters tummeln um zu laufen oder einfach nur zu gehen. Und mit dem vorwärts gehen ist es noch nicht getan, nein, auch RÜCKwärts geht man gerne mal ein paar 100m, was interessant anzusehen ist. Angeblich soll das den Körper in völlig neuen Einklang bringen. Tja, immer anders, die Chinesen....
Montag war der erste Unterrichtstag und wie sich nun herausstellte bin ich in Gruppe 3 von 5, also im oberen Mittelfeld. Die Kurse teilen sich auf in duxie (lesen und schreiben), kouyu (Konversation), tingli (Hörverstehen) und yuedu (Leseverstehen), der Unterschied ist allerdings nicht so ganz klar, da man in fast allen Kursen ähnlichen Unterricht macht. Dabei kommt ne ganz schöne Menge Lernstoff zusammen, denn in allen Kursen hat man jede Woche neue Vokabellisten und verschiedene grammatische Strukturen. Einige der neuen Sachen sind allerdings aus Deutschland schon bekannt und somit fällt es etwas leichter gut dabei zu bleiben. Das allgemeine Hörverstehen hat sich alleine innerhalb der letzten Tage schon verbessert wie ich finde, auch das ist sehr hilfreich um den Lehrerinnen (ausschließlich Frauen) folgen zu können.
Der Hörverstehenkurs ist derzeit der schwerste und gleichzeitig der unterhaltsamste. In dem Kurs hören wir Stück für Stück eine Kassette durch, deren Qualität einfach nur schlecht ist, daher versteht man zunächst eigentlich nur Zischlaute. Unsere Lehrerin Tian laoshi stellt im Anschluss Fragen zum Inhalt, die wir bestmöglich beantworten sollen. Und nun kommt der eigentlich schwierige Part, denn Frau Tian machts einem nicht so ganz leicht ernst zu bleiben. Frau Tian dürfte nun so Mitte 50 sein, sieht sehr chinesisch aus und hat einen Überbiss, der sich gewaschen hat, aber hallo, man könnte sie so gesehen auch Black Beauty nennen. Nun muss ich vorausschicken, dass Chinesen nach/zwischen ihren Sätzen öfter mal ein englisch gesprochenes, kurzes „aw“ sagen, als eine Art Füllwort. Frau Tian macht das allerdings recht häufig und klingt dadurch wie die chinesische Ausgabe des Vorzeigerappers aus den Tiefen der Bronx. Seit Micha uns darauf aufmerksam gemacht hat (vielen Dank übrigens) ist es recht anstrengend nicht ständig laut loszulachen sobald Frau Tian wieder den Rapper rauskehrt.
Abgesehen davon finde ich den Unterricht gut und hilfreich. Leider kam das Lernen diese Woche noch etwas zu kurz, da unsere Mittagessen irgendwie immer zu weiteren Aktivitäten führen und ich deshalb immer erst so gegen 19:00 ins Wohnheim zurückkomme, die Motivation lässt dann graduell mit später werdender Stunde nach....:)
Montag Nachmittag hatten wir im Anschluss an den Unterricht eine Einführungsveranstaltung für alle Austauschstudenten und wurde von den zuständigen Professoren und Lehrern begrüßt. Einer der Professoren hat selbst auf Englisch zu uns gesprochen, uns willkommen geheißen und uns erklärt, dass jeder von uns ein Thermometer bekommen würde um regelmäßig seine Temperatur zu messen. Sollte die Temperatur über 37 Grad liegen müssen wir uns bei unseren Lehrern melden, Schweinegrippe lässt grüßen. Etwas unheimlich war, dass er zum Schluss mit seinem Scientologylächeln nur noch einige Male mit chinesischem Akzent sagte „don´t worry, it´s only for your safety, don´t worry, no need to worry“. Der beruhigende Effekt blieb da leider aus! Danach wurde uns noch vorgeführt wie wir das Thermometer denn zu benutzen hätten (nein, da nicht, Gott sei Dank bloß unter den Achseln...lach).
Dienstag Nachmittag hab ich mich mit Jannik, Vilma und Robert dann auch schon wieder ins Zentrum begeben, auf der Suche nach nem guten Elektronikladen. Wir landeten dann also in nem Handyladen, denn die gibt es ZU HAUF, man bekommt den Eindruck hier gibt es tatsächlich noch mehr Handys als Menschen! Robert hatte sein Handy in Deutschland gelassen, brauchte ein neues und entschied sich schließlich für eines von Nokia für knapp 30€, nicht unbedingt Hightech aber absolut ausreichend für ein Jahr China. Als der nette Verkäufer, der praktisch nur Chinesisch sprach Robert bat ein paar persönliche Informationen anzugeben (niemand weiß warum, er folgte damit wohl einfach dem chinesischen Kontroll- und Dokumentationszwang) füllte Robert den Zettel also als „Räuber Hotzenplotz“ aus und bat Vilma ihm ihre Telefonnummer, als Kontaktangabe vorzusagen. Vilma sagte etwas perplex drei Zahlen und meinte dann „jetzt hab ich sie vergessen, Veronika, sag du mal“, alles direkt vor dem Verkäufer natürlich. Veronika sagt also nochmal wahllos vier Zahlen und fängt unterdessen dermaßen zu lachen an, dass sie den Laden verlassen muss. Der Verkäufer war dann wohl etwas irritiert und fragte die beiden wo wir denn eigentlich herkämen. Roberts Kommentar zu mir „Also Pferde braucht man mit dir nicht stehlen gehen...“ , stimmt, muss ich hoffentlich auch nie! ;)
Gestern Nachmittag hat sich dann auch überraschend Frau Chen, unsere Chinesischlehrerin an der FU Berlin bei uns gemeldet. Frau Chen kommt zufälligerweise aus Xian und ist insgesamt „nur“ für eineinhalb Jahre an der FU als Gastdozentin tätig. In den Ferien fliegt sie immer zurück nach China, da hier noch ihr Mann und ihr kleiner Sohn leben, der wohl gerade erst in den Kindergarten gekommen ist. Nachdem wir uns am Südtor der Uni getroffen haben ist sie gemeinsam mit uns zu einem schicken Restaurant in einer riesen Mall gefahren wo wir auf Wunsch in unser eigenes Separé geführt wurden. Dort haben wir dann zu siebt lecker, lecker Huoguo (Hotpot) gegessen, bisher das außergewöhnlichste Essen. Zunächst wählt man von einer Liste aus, welche Speisen man möchte, z.B. verschiedene Fleischsorten, Fisch, Teigbällchen, Gemüse etc.. In der Mitte des Tisches ist eine Vertiefung eingelassen in die dann ein Bottich, ähnlich einem Fonduetopf kommt. Der Bottich hat zwei Hälften und ist mit einer ständig köchelnden „Suppe“ gefüllt, die eine Hälfte scharf, die andere normal. Und dann gibt man einfach alles in die Suppe, fischt es sich wieder raus und taucht es kurz in die eigene, kleine Schale, die auch wieder mit einer würzigen Suppe gefüllt ist. Es hat einfach nur vorzüglich geschmeckt und der Service war schlicht großartig. Wir hatten unsere persönlichen zwei Fuwuyuan (typische Bezeichnung für KellnerInnen), die uns regelmäßig feuchte Handtücher für die Hände sowie Brillenputztücher wegen des Wasserdampfes reichten und bei den ersten Anzeichen von Leere unsere Trinkgläser wieder auffüllten. Außerdem wurden wir von ihnen zur Toilette begleitet (auch hier leider nur eine Loch-im-Boden-Lösung, allerdings sehr schick!) und wieder zurückgeführt. Zugegebenermaßen war das auch nötig, da das große Restaurant leicht labyrinthartig anmutete und nicht so einfach zu durchschauen war.
Die liebe Frau Chen hat uns so einige Tipps gegeben und gute Adressen genannt für alles was wir noch brauchen. Sie war sogar so nett im Anschluss an das Essen (wozu sie uns eingeladen hat) Micha zu nem guten Frisör zu bringen und diesem Michas Vorlieben zu erklären (leider nicht ganz getroffen, Micha meinte heute er sähe aus als käme er frisch von der Chemotherapie). Mit dem Rest von uns fuhr sie außerdem noch zu nem großen Elektronikmarkt und verabschiedete sich dann um ihren kleinen Lütten vom Kindergarten abzuholen.
Heute Morgen fiel der Unterricht für die meisten aus, da wir alle zum Healthcare Center mussten um unsere Gesundheitszeugnisse bestätigen zu lassen. Nur mit der entsprechenden Bestätigung bekommt man nämlich wiederum die Aufenthaltsgenehmigung. Um 07:30 Uhr mussten wir also alle ohne gefrühstückt zu haben auf der Matte stehen und wurden in Bussen zum Healthcare Center gekarrt. Zunächst wurden die original Gesundheitszeugnisse, Röntgenaufnahmen und Bluttests geprüft. Je nachdem musste man im Anschluss noch weitere Untersuchungen vor Ort machen lassen. Ein Großteil musste Blut abnehmen lassen und nochmals den Torax röntgen, selbst wenn die vorgezeigten Aufnahmen im zulässigen Zeitrahmen und absolut in Ordnung waren. Das kostete in meinem Fall 270 Yuan und das, obwohl meine Röntgenaufnahme einwandfrei auf Mitte August datiert war, was mich richtig, richtig geärgert hat. Das Blutabnehmen war kein Problem, das ging ganz flott und schmerzfrei. Auf der Röntgenstation konnten wir den Radiologen glücklicherweise klarmachen, dass unsere Röntgenaufnahmen (Janniks und meine, beide auf CD) aktuell sind und sie nur einen kurzen Blick darauf werfen müssten. So konnten wir das Röntgen umgehen und waren seeeehr froh darüber! Ich weiß ja nicht wie der Kenntnisstand in China bezüglich Röntgenstrahlung ist, aber niemand von uns wurde gefragt wann denn die letzte Röntgenaufnahme gemacht wurde, Bleiwesten gabs in der Regel auch nicht ohne Nachfrage oder Diskussion. Um den ersten Preis für zuvorkommende Patientenbetreuung hat sich das chinesische Personal heute leider nicht verdient gemacht.
Trotz dieser ersten schlechten Erfahrungen während unseres Aufenthalts sind danach alle wieder im Ganzen rausgekommen...glaub ich zumindest....:)
Fotos sind schon einige gemacht und ich weiß es sollten vom letzten Eintrag noch einige folgen.
Leider dauert das Hochladen grade noch ziemlich lange, die FU-Netzwerk-Software funktioniert bei mir auch eher launenhaft deshalb muss ich mir erst mal viel Zeit dafür nehmen und vertröste euch leider weiterhin....
Alles Liebe, immer noch ohne jede Reue, Veronika :)
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hey meine liebe Vroni,
AntwortenLöschenich freue mich sehr, dass es dir so gut geht und du die zeit bisher so gut und mit so viel positiven Erlebnissen überstanden hast(bis auf den Arzt*g*). Ich werde fleissig weiterlesen, um auch immer auf dem neusten Stand zu sein.
Bussi aus Bremen, die Franzi
Hallo Veronika,
AntwortenLöschenhabe heute mit erschrecken fest gestellt das du schon weg bist. Freut mich sehr das du einen Onlineblog hast und ich so verfolgen kann wie es dir geht.
Super das es dir bzw. euch da drüben gut geht. Super schreibstil den du da pflegst. Solltest vielleicht mal ein Buch schreiben. Wünsch dir noch viel Spass die weitere Zeit und ich hoffe noch viel von dir zu lesen.
Grüße
David
Liebe Veronika,
AntwortenLöschenwir sind ja leider noch nicht ganz so viel zum telefonieren gekommen seitdem du weg bist daher habe ich mit Interesse deinen Blog verfolgt. Ich muss David recht geben, macht wirklich Spaß deine Einträge zu lesen also weiter so!
Hoffe wir hören uns bald live. Bis dahin wünsche ich dir weiterhin viel Spaß!
Alles liebe
Philip