Es ist schon Mitte Januar in Xi´an und die komplette Vorweihnachtszeit scheint hier übersprungen worden zu sein! Schwuppdiwupp ist das Neujahr rum und das Semester zu Ende – denn ja, auch die Chinesen machen mal Pause.... Der Vollständigkeit halber gibts aber erst mal nen Rückblick über die laaange blogfreie Zeit:
Ende Oktober „durfte“ ich meine erste Erdbebenerfahrung machen. Gegen 07:30 Uhr morgens lag ich wach im Bett als ich plötzlich das Gefühl hatte, dass jemand langsam und stet mein Bett vor und zurück schiebt. Wie man sich vorstellen kann recht irritiert hab ich als erstes zum Vorhang geguckt um zu sehen ob ich ungeahnte Katererscheinungen hab oder ob sich tatsächlich die Erde bewegt. Nachdem der Vorhang dann ebenfalls hin- und herpendelte lag ich einerseits recht amüsiert im Bett andererseits mit leichtem Unwohlsein im Bauch, ob der Ungewissheit was nun passieren würde – hörts gleich wieder auf?, wirds noch stärker?, sollte ich vielleicht mal aufstehen und schreiend im Kreis laufen? Ich hab mich schließlich dafür entschieden im Bett zu bleiben und tatsächlich hat das Beben recht schnell wieder aufgehört. Das Beben soll wohl eine Vier erreicht haben auf der Richterskala, viele, die zu dem Zeitpunkt zum Beispiel gestanden sind haben aber fast nichts gespürt. Trotzdem, eine Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde...
Anfang November hatten wir Austauschstudenten nochmal ein paar Tage frei und die Möglichkeit an einem von der Universität organisierten Trip nach Chengdu teilzunehmen. Von alten Xi´an-Hasen haben wir jedoch schon gehört, dass diese Uniausflüge zwar tolle Ziele haben, dann aber meistens in irgendwelchen Industriegebieten und Fabriken enden – Zieldestination Verkaufsraum! Deshalb haben sich viele von uns selbst organisiert und Agata, Andi und ich haben uns entschieden auf die Sonneninsel Hainan zu fliegen um noch etwas künstliche Sommerverlängerung zu betreiben. Am 06. November gings also los in Richtung Sanya, der südlichsten Stadt auf Hainan. Das Wetter war natürlich traumhaft, täglich um die 30°C und Sonnenschein. Die ersten beiden Tage verbrachten wir damit eine passende Unterkunft in Strandnähe zu finden und natürlich den Strand und das Meer zu genießen. Anfang der Woche machten wir uns dann auf die Suche nach Tauchschulen, da wir geplant hatten die Zeit zu nutzen um den Tauchschein zu machen. Da Hainan sozusagen das Mallorca der wohlhabenden Russen und Chinesen ist waren die Tauchkurse relativ teuer, wir konnten jedoch einen für uns akzeptablen Preis aushandeln. Ich möchte behaupten, dass die Tatsache, dass wir das alles auf Chinesisch geklärt haben wesentlich zum Verhandlungserfolg beigetragen hat. Die einzigen Sprachen, die nämlich auf Hainan gesprochen werden sind Chinesisch und Russisch, weshalb wir ausdrücklich nach einem Instructor mit Englischkenntnissen verlangen mussten. Nach der Anmeldung fuhren wir also gleich mit unserem Lehrer zur Tauchschule ins Zentrum wo wir von 14:00 bis ca. 23:00 geschlagene neun Stunden den Theorieteil des Kurses hinter uns brachten. Das sah dann so aus, dass wir drei vorm PC saßen und in einzelnen Kapiteln ein Video gucken mussten, nach jedem Kapitel hatten wir Zeit um einen Fragenkatalog zu beantworten und Unklarheiten mit Afei, unserem Tauchlehrer zu klären. Je später der Abend umso mehr glich der Riesentisch, an dem wir saßen einem Schlachtfeld, da wir uns in der Zwischenzeit zunehmend heimeliger fühlten und zahlreiche Packungen Kekse und andere Knabbereien verdrückten. Auch die Konzentration ließ gegen Ende des Tages zunehmen zu wünschen übrig, vor allem der letzte Teil des Videos, den wir gerne als die „PADI Gehirnwäsche“ bezeichnen gab uns den Rest. Regelmäßg wiederholte Aussprüche wie „Taucher sind keine normalen Menschen, Taucher haben mehr Spaß als reguläre Menschen!“ oder auch „Go places, do things and meet people!“ führten zu dem ein oder anderen Lachanfall. Selbst Afei fands irgendwann ganz lustig, dass wir permanent über die gleichen running gags lachten. Trotz Keksüberdosis und Gehirnwäsche habens wirs zu später Stunde dann aber doch noch geschafft (in hervorragender Teamarbeit) die Prüfung erfolgreich abzulegen und durften unser Divebag, also Neoprenanzug, Flossen, Maske und so weiter vorbereiten.
Am nächsten Morgen hat Afei uns dann mit unserem neuen Tauchlehrer zu einer wunderschönen Hotelanlage an der Yalong Bay, eine halbe Stunde von der Tauchschule gebracht. Dort angekommen fing dann für uns und noch einen weiteren Schüler der praktische Teil im Pool an. Da unser Praxislehrer kein Englisch konnte, saß eine junge Chinesin, die Englisch studiert hatte als Übersetzerin ständig am Beckenrand und hat erklärt wenn wir auf Chinesisch nicht verstanden haben. Nachdem wir alle nötigen Wasserübungen und -manöver ohne Probleme durchführen konnten fuhren wir abends erschöpft und neugierig, wie sich das alles im echten Meer wohl anfühlen würde zurück zum Hotel. Die Fahrt mit unserem Theorieleherer und einem weiteren Taucher war recht lustig, auf diese Weise durften wir ein zwei Redewendungen „aus dem Leben gegriffen“ auf Chinesisch lernen und haben festgestellt, dass es durchaus entspannte Chinesen gibt. Es scheint als würden die Ski-, Tauch- und alle anderen Sportlehrer dieser Welt einfach mit ein klein wenig mehr Coolness ausgestattet als der Rest von uns....;)
Die folgenden zwei Tage waren anstrengend, im Meer zu tauchen verlangt einem doch ein bisschen mehr Kraft und Einsatz ab als im wohligen Pool der Hotelanlage. Abgesehen von wenigen Ausrutschern (man vergisst schon mal, dass man nicht nur durch Nase sondern auch durch Mund atmen kann und muss hald einfach mal etwas flotter auftauchen als die lahmen Tauchlehrer, ne Agi? ;) ) haben wir in der kurzen Zeit alle ein recht gutes Wassergefühl entwickelt, und waren irgendwann enstpannt genug um die Unterwasserlandschaft tatsächlich zu genießen. Abgesehen von den etwas lüsternen Blicken von einer Horde chinesischer „Seemänner“, die vor allem Andi auf dem Kutter (Beschreibung: schwules loveboat chinastyle) am letzten Tauchtag über sich ergehen lassen musste (lach!), wurden wir von unseren Tauchlehrern über die vier Tage bestens umsorgt. Im Nachhinein hat sich für jeden von uns der Tauchkurs als eine sehr gute Investition herausgestellt.
Um ein Hobby reicher haben wir die letzten Tage der Reise mit einem Freund aus Peking, der nachgekommen war, seeehr faul ausklingen lassen und genossen die letzten Sonnenstrahen.
Schließlich mussten wir uns leider doch von unserer liebgewonnen Sonneninsel verabschieden und am 16. November früh morgens zurück ins verschneite (!!!) Xi´an fliegen. Da der Flughafen während der Tage zuvor wegen Schneechaos geschlossen hatte, waren wir froh, dass wir ohne Probleme landen konnten. Nichtsdestotrotz waren die 30° Temperaturunterschied nicht gerade leicht für mein wärmeverwöhntes Immunsystem zu verkraften und wurden tags darauf sogleich mit Kopfschmerzen und Erkältung quittiert.
Sich im kalten Xi´an (wo inzwischen zumindest die Heizung angestellt wurde) wieder für die Bücher zu begeistern fiel denkbar schwer. Hinzukam, dass Weihnachtsstimmung in China leider nur äußerst spärlich aufkommt. Das ganze Konzept von Weihnachten scheint den Chinesen genauso ein Rätsel zu sein, wie wir Westler den Geist chinesischer Festtage oftmals nicht richtig nachempfinden können. Weihnachten gilt hier eher als Trenderscheinung und wird in der Regel überwiegend von den jüngeren Generationen „gefeiert“, die Technoversion von Last Christmas sowie angsteinflößend bunt und kitschig geschmückte Plastikbäume, die auch schon bessere Tage gesehen haben, tun dem ganzen keinen Abbruch. Mein Dank gilt an dieser Stelle den netten Starbucks Mitarbeitern der Filiale im Stadtzentrum. Dort sorgten die mit Zimt aromatisierten Latte Macchiatos, nur leicht originelle Weihnachtsmusik (immerhin) und winterlich gemütlich anmutende Einrichtung für einen Funken Stimmung und Vorfreude.
Mitte Dezember übernahmen vier Kommilitonen eine kleine etwas urige Bar namens „Oscar´s“ in Zentrumsnähe, die bisher von einem Amerikaner geführt wurde und speziell westliche Drinks anbietet. Über Lizenzen oder ähnliches muss man sich selbstverstänlich (wen überrascht´s?!) bei der Übernahme einer solchen Lokalität weniger Gedanken machen. Fast das gesamte Wohnheim und zahlreiche chinesische Freunde waren zur Eröffnung gekommen, was den Rahmen etwas sprengte. Wir ließen uns jedoch nicht abhalten und standen mit unseren Drinks im kalten Freien und kamen sogar in den Genuss von Livemusik dank meiner musikalisch begabten Mitstudenten. Das Oscar´s brummte im wahrsten Sinne des Wortes!
Am 17. Dezember durfte ich mich mit mehr als bloßer Vorfreude auf den Weg zurück nach Deutschland machen um dort meine großartige Familie zu Weihnachten zu überraschen – und recht erfolgreich! Lediglich meine Mama, die liebe, wusste Bescheid und holte mich Donnerstag spätabends vom Flughafen in München ab. Zu Hause angekommen haben wir uns erst mal ein schönes Erdinger Weißbier (ich möchte an dieser Stelle dessen Ernennung zu bayerischem Kulturgut beantragen!) eingeschenkt und sind recht spät endlich zu Bett gegangen. Dank Jetlag wachte ich früh auf und hatte genug Zeit um in Ruhe Frühstück für alle zu machen. Nachdem Mama schließlich meinen liebsten Papa zum Frühstück weckte und dieser mich sah gabs leichte Verwirrung, die sich in offenstehendem Mund und kurzzeitiger Sprachlosigkeit zeigte (grandioser Gesichtsausdruck, so noch nie bei dir gesehen Bobbele! :) ).
Ums kurz zu machen, die Weihnachtszeit im Bayerischen Wald war wie erwartet schlichtweg wundervoll und jede Reise wert!
Um mit meinen Lieben in China gemeinsam ins neue Jahr zu rutschen hab ich mich rechtzeitig auf den Rückweg gemacht. Im Flugzeug habe ich dann auch noch ein richtig nettes niederländisch/chinesisches Pärchen kennengelernt, die ebenfalls auf dem Weg nach Xi´an waren. Dort angekommen waren sie so freundlich mich mitzunehmen, besser gesagt der Chauffeur, der auf die beiden wartete. Trotz allabendlichen Staus wurde ich ca. eine Stunde lang durch Xi´an gefahren und zu meiner Universität gebracht und kam so ein weiteres mal in den Genuss des „anderen Chinas“, das ausnehmend gastfreundlich und zuvorkommend sein kann.
Hier angekommen genoss ich als erstes eine heiße Dusche und rührte kräftig die Wiedersehenstrommel. Mit Robert und Vilma machte ich mich gleich über den mitgebrachten, natürlich aromaverpackten Leberkäse her. Da ich gerade zwei Wochen Westessen genossen hatte, war die Freude bei den beiden wohl noch etwas größer als bei mir (Robert hatte zwischenzeitlich die Augen geschlossen um den Geschmack von nichts trüben zu lassen! :) ).
Im Anschluss machten wir uns auf den Weg zu Andis Wohung wo schon einige Freunde warteten und ordentlich vorheizten. Auf der riesigen Dachterrasse des Hauses rutschten wir schließlich ins neue Jahr und genossen die Aussicht. Einziger Wermutstropfen war, dass es leider kein Feuerwerk gab, so wie man es bei uns zu Hause kennt Immerhin ein paar Kunming Laternen erleuchteten den klaren Nachthimmel über Xi´an.
Die vergangenen zwei Wochen galten voll und ganz den Prüfungsvorbereitungen, mal mehr mal weniger motiviert, ähem, *hüstel... ;)
In den letzten drei Tagen wurden wir in allen unseren Kursen geprüft und mit durchweg guten Resultaten belohnt und damit auch schon in die Ferien entlassen.
Ich kann´s nur immer wieder sagen, die Zeit hier vergeht beängstigend schnell und stellt sich bisher als eine der tollsten Erfahrungen, die ich machen durfte heraus.
Es gilt also Großes zu feiern und wir werden sehen, was der Abend heute noch so bringt.... ;)
Wie immer, vollauf glücklich,
Eure Veronika
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Hey Veronika, toll endlich mal wieder was zum lesen in deinem Blog. Haben die vielen Anfragen doch was bewirkt. Nochmal Danke für den tollen Abend in der Cafebar, sollten wir unbedingt wiederholen wenn du wieder mal da bist. bis dahin gibts hoffentlich ab und zu was zum lesen.
AntwortenLöschenGrüße
David
hallo nudelkopf ;)
AntwortenLöschenklar, cafebar mit dir immer, so in nem halben jahr hab ich Zeit!
joa, wenn die leserschaft weiterhin so brav den Rüffel an mich verteilt gibt's weiterhin was zu lesen...
Meld dich mal und lass mich wissen wie die wohnungsfindung läuft...:)
Hey meine Liebe,
AntwortenLöschenIst ja super mal wieder einen neuen Eintrag zu lesen, der auch so schön von dem grauen bremer Alltag ablenkt!
In punkto cafébar kan ich mich dem "Nuddelkopf" (hihi) nur anschließen. Es hat mich gefreut, dass wir doch vergleichsweise viel zeit zusammen hatten...muss ja wieder für 1 Jahr reichen :)
Also, meld dich BITTE bald wieder.
*es drückt dich die Franzi*