Montag, 19. Oktober 2009

Schließlich und endlich Herbst in Xian, schön isses! :D

Ja, ich weiß, ich hab mir schon wieder viel zu viel Zeit gelassen mit dem heutigen Blogeintrag.
Nach dem letzten Eintrag war das erste was zu tun war die Aufenthaltsgenehmigung für ein ganzes Jahr bei der Polizeistation zu beantragen. Soweit keine große Sache, wir mussten lediglich mit dem Bus durch die Stadt zur Polizei gurken und uns in eine (für chinesische Verhältnisse) annehmbare Schlange einreihen. Sobald man dann drankam lief alles weitere praktisch kommunikationslos, sprich man setzt sich auf den Stuhl, gibt die erforderlichen Unterlagen an den Beamten weiter und guckt in die kleine Kamera wenn darauf gedeutet wird. In China ist es wohl üblich bei „wichtigeren“ Behördengängen immer eine Momentaufnahme mit einer Webcam-ähnlichen Kamera machen zu müssen. Im Anschluss daran mussten wir etwas Geld bezahlen und den Pass natürlich erst mal für eine knappe Woche bei der Polizeistation lassen.

Als wir damit fertig waren haben Micha und ich uns noch auf den Weg zu einem der größten Elektronikkaufhäuser der Stadt gemacht um uns eeendlich einen UMTS-Stick zu holen und damit das katastrophale Wohnheiminternet zu umgehen. Also, Info an alle, mein Internet GEHT JETZT! :)))
Weil wir verständlicherweise etwas ausgehungert waren was unsere Internetsurfgewohnheiten angeht wurde der restliche Nachmittag erstmal genutzt um wieder ausgiebig zu interneten.

Im Unterricht ist inzwischen auch schon etwas Routine eingekehrt und das Lernpensum wird nicht weniger. Vor gut zwei Wochen kam Margery in duxie zu mir und hat mich gefragt was denn meine Lerntechnik sei um die Aussprache so hinzukriegen, weil sie sich dahingehend noch verbessern wolle. Etwas perplex musste ich ihr sagen, dass ich leider keine Lerntechnik habe (ich sollte vielleicht erst mal richtig zu lernen anfangen, dann käm ich evtl. sogar auf ne eigene Methode... :-S ). Ich versuche lediglich mir die Aussprache der Lehrer einzuprägen und quatsch mit wenn ich Schriftzeichen lerne, was sich hier schwierig gestaltet weil ich ja eher selten alleine irgendwo zum lernen komme. Danach mussten wir in gewohnter Weise abwechselnd den Lektionstext in duxie vorlesen. Als ich mit (wirklich holprigem Vorlesen) fertig war meinte Li laoshi sie fände es sehr komisch, dass meine Aussprache so gut wäre, da Europäer normalerweise immer etwas Probleme damit hätten, nach einem Jahr Chinaaufenthalt würde ich wie ne Chinesisch klingen (Kommentar von meiner Mama: „Solange du dann nicht wie eine aussiehst...!“ :) ). Sie fragte was ich denn für eine Methode hätte und ob ich die nicht mal der ganzen Klasse vorstellen könnte, auch hier meine Antwort, ich habe keine spezielle Methode! Am nächsten Morgen kommt Valérie (Studentin aus Frankreich) in der Klasse zu mir und erzählt mir sie hätte von mir geträumt wie ich ihr ständig auf Chinesisch vorspreche und sie versucht hat es nachzumachen, musste sehr lachen! Nur um das nochmal klar zu sagen, die Aussprache ist natürlich wichtig im Chinesischen, hat aber nicht unbedingt mit dem Sprachniveau selbst zu tun und bei aller Liebe, da haperts noch gewaltig! Das merkt man zum Beispiel immer wenn der gemeine Taxifahrer in China in Stimmung für ein kleines Pläuschchen ist, einfach mal drauf los redet und dabei auch noch nuschelt. Man bittet also darum es nochmal etwas langsamer zu wiederholen, der Taxifahrer lacht kurz und sagts dann nochmal genauso schnell nur mit erwartungsvollerem Blick ob der Antwort, die jetzt kommen muss (denn er hats ja extra nochmal wiederholt!). Spätestens dann, wenn man immer noch nicht weiß worums geht ist man mit der Tatsache konfrontiert, dass man eigentlich kein Chinesisch kann, eine immer wieder sehr ernüchternde Erfahrung. Aber gut, wenn Chinesisch einfach wäre hieße es ja BWL (ne, Philip?! ;) ).

Weil der chinesische Herbst eher wie ein deutscher Sommer ist sind wir vor zwei Wochen nochmal in ner kleinen Gruppe zur METRO gefahren und haben für ein Barbecue eingekauft, wie immer bei den Partys, die wir organisieren war der Andrang groß und die selbstgemachten Burger und der Kartoffelsalat waren richtig, richtig gut! Der leckere Baijiu durfte natürlich auch nicht fehlen und kurz vor zwölf bin ich mit Vilma, Corinna, Andi und Kevin noch in den NoNo Club ins Zentrum gefahren und da lassen sie sich gar nicht mal lumpen, die Chinesen! Der Club ist anscheinend recht neu und „angesagt“, die Musik war ganz nach unserem Geschmack und offenbar auch nach dem Geschmack von ner ganzen Reihe Kasachen. Diese, darunter auch einige Mitstudenten von uns, standen die meiste Zeit auf ner Art Podest und tanzten „gangsterstyle“, die Mädls auch gerne mal an der Stange (bezeichnend...?!). So gegen drei sind wir schließlich zurück zum Wohnheim wo wir dann den Shushu (Wohnheimwächter) rausklingeln mussten, damit er die Tore aufsperrt. Etwas beschämt hat sich der Rest der Truppe hinter mir versteckt während ich mit dem Shushu gesprochen habe (vielen Dank Ihr Nasen!).

Von 01.-08. Oktober hatten wir Ferien weil sowohl der chinesische Nationalfeiertag als auch das Mittherbst waren. Doch zu früh gefreut, zwei Tage Unterrichtsausfall mussten wir je an einem Samstag und Sonntag nachholen, für uns ausländische Studenten sehr ungewohnt und nicht empfehlenswert. Auch zu diesem Anlass gabs natürlich eine kleine feuchtfröhliche Feier bei uns, und weils ja so festlich war (die VR wurde dieses Jahr 60 Jahre alt) hat der Shushu abschließend noch unter Gejubel (lach) die große chinesische Fahne geschwenkt. Viele haben die freien Tage genutzt um erstmals aus Xian rauszukommen. Vilma, Robert und ich haben uns zunächst etwas von der Stadt vorgenommen und sind zusammen auf die Stadtmauer, die voll erhalten ist und um den gesamten Stadtkern führt. Dort haben wir uns dann alle ein Fahrrad gemietet und sind in ca. zwei Stunden einmal rumgefahren und haben uns die Stadtteile angesehen an denen wir vorbei gefahren sind. Außerdem sind wir ins muslimische Viertel gefahren, das hier sehr bekannt ist. Dort gabs natürlich jede Menge verschiedener Sachen zu essen (und wir ließen es uns nicht nehmen einiges davon zu probieren) und zu kaufen. Um erst mal einen Eindruck zu kriegen haben wir uns auch hier wieder zurück gehalten und alle Einkäufe auf einen weiteren Besuch verlegt. Erstmalig wurden wir hier auch von Chinesen gefragt ob wir zusammen ein Foto machen könnten, also die Familie zusammen mit uns Deutschen, weils anscheinend immer noch außergewöhnlich ist Westler zu sehen, etwas seltsam war das schon... Im Anschluss daran sind wir noch zur kleinen Wildganspagode gefahren und haben nen tollen Stadtblick auf einer (sehr kleinen) Pagodenspitze genossen. Nicht zu vergessen natürlich der umliegende Park, der einem nach über einem Monat in ner chinesischen Stadt wie eine grüne Oase vorkommt. Und was natürlich nicht fehlen durfte war ein Pflichtbesuch bei der Terrakottaarmee. Nach einer Stunde Fahrt mit dem Bus wird man erst mal auf einer Straße scheinbar im Nichts abgeladen. Weil wir nicht sicher waren wo wir eigentlich hin mussten sind wir also einfach mal der Herde gefolgt und kamen dann in ein zunehmend touristisch anmutendes Gelände bis wir schließlich den Eingang erreichten, wo erst mal mit kleinen „Pistolen“ die Temperatur von jedem gemessen wurde (analog zu den Kampustoren der Uni). Dort warten dann verschiedene Hallen auf den Besucheransturm, wir haben uns von einer Halle zur nächsten „durchgearbeitet“. In Halle eins sind eigentlich nur Hintergrundinformationen zum Fund der Armee und den Arbeiten daran ausgestellt. In Halle zwei hat man einen Überblick über ein freigegrabenes Feld in dem nur Schutt und vereinzelt erkennbare Soldatenbruchstücke liegen. Oben auf der Besucherplattform stehen jedoch vereinzelt ganze Soldaten in Vitrinen. Halle drei ist recht klein und in der Grube stehen vielleicht 20 Soldaten und Pferde. Die eigentlich sehenswerte Halle ist Nummer vier, in der dann das ganze Soldatenheer in Reih und Glied steht, entsprechend viele Besucher waren auch in der letzten Halle. Das Fazit zu diesem Ausflug: muss man gesehen haben, haut einen aber leider nicht um. Als wir alles gesehen hatten gings in strömendem Regen zurück zu den Bussen (die musste man wiederum auch erst mal finden) und wir machten uns unter ständigem Hupen des Busfahrers auf den Rückweg nach Xian, frei nach dem Motto Hupe-ersetzt-StVO. Dass es mit den Verkehrsregeln hier nicht so weit her ist hab ich ja schon mal erwähnt, nach unseren Beobachtungen scheint es aber wohl ganz gut zu funktionieren wenn man einfach entsprechend oft und laut hupt.

Zum Abschluss der Ferien gabs dann noch ne kleine Geburtstagsfeier für Robert, die wir in überschaubarer Runde in einem der Klassenzimmer abhielten. Es wurde fleißig Mäxchen gespielt (ohne mich Gott sei Dank) wobei die Regeln bei einigen bis zum Schluss noch nicht klar waren! ;)
Der Baijiu erledigte in diesen Fällen dann den Rest...Wie ich am nächsten Tag erfahren habe musste Wang laoshis Mülleimer, der auf dem Gang stand offenbar noch als Auswurfstation herhalten, wir spekulieren schon, wie wir am besten an das Tape der Überwachungskamera kommen könnten. :)

Zum Schluss noch eine nette kleine Geschichte, bei der ich schon ganz schön ins Schwitzen gekommen bin: Friseurbesuch in China! Nach eineinhalb Monaten in China sieht man recht deutlich, dass die Austauschstudenten sich doch eher zögerlich auf das Abenteuer Haareschneiden einlassen wollen. Da ich normalerweise alle sechs Wochen meine Haare schneiden lasse wars meiner Meinung nach langsam aller höchste Eisenbahn, ich hab mir also (Gott sei Dank) vorsorglich ein Foto eingepackt und bin los zum Nordost-Tor der Uni und in den nächsten Friseursalon. Dort sind dann schon zwei Personen beschäftigt nur um jedem, der eintreten möchte die Tür von Innen zu öffnen (ABM ahoi!). Leicht verängstigt ob dem, was da wohl kommen möge hab ich mich zu nem Stuhl führen lassen wo erstmal der „Haarwäscher“ ans Werk durfte. Dieser fing dann an irgendwas auf meinen Hinterkopf zu sprühen und die Haare zu reiben und rubbeln und siehe da, es wurde ein riesen Berg Schaum. So ging das dann ne Weile bis er schließlich anfing auch den Rest der Haare in den Schaumberg zu mischen und auf Teufel komm raus zu weiter zu rubbeln. Nach ca. fünf Minuten wurde ich in den „Wasch-Liege-Raum“ geführt und musste mich auf eine Liege legen. Am Kopf der Liege war dann tatsächlich mal ein Waschbecken befestigt und meine Haare wurden noch zwei mal gewaschen. Als wir fertig waren und ich zurück auf meinem Stuhl saß war bereits eine halbe Stunde vergangen. Im Anschluss kam der eigentliche Friseur, dem ich dann „bestmöglich“ erklärte ich will sie so wie auf dem Foto und dass er ja nicht zu wild da an mir rumschnippselt (absolut berechtigt, wenn man sich mal die Friseure ansieht: ausschließlich Männer und allgemein zurecht als „Stylo-Chinesen“ bezeichnet, Tokio-Hotel-Bill Kaulitz könnte auch als chinesischer Friseur durchgehen). Für alle, die sich jetzt schon die Hände reiben und gespannt auf die Katastrophe warten, da muss ich enttäuschen, zu meiner GROSSEN Erleichterung gings gut aus. Man hat sich wie gewünscht lediglich der Kopfbehaarung gewidmet und auch dort keine kahlen Stellen hinterlassen, zumindest hab ich noch keine entdeckt.... ;)

Um das Wohlwollen von gewissen Personen nun nicht über zu strapazieren (übrigens Tom, ich hoffe ich krieg nochmal ne extra charlottenburger housewarming Party wenn ich zurückkomm! ;) ) halt ich mich kurz und schick Euch hiermit liebste Grüße aus der Ferne!